Deutsche, polnische und deutsch-polnische Kultur in Hildesheim
Ein Verein in Hildesheim bringt Deutsche und Polen einander näher und
vermittelt die Kultur der beiden Ländern
Die Deutsch-Polnische Gesellschaft Hildesheim e.V. ist ein in 2018 in Hildesheim gegründeter Verein, der sich der deutsch–polnische Freundschaft und dem wissenschaftlichen und kulturellen Austausch mit unserem Nachbarland verschrieben hat. Diese Aufgabe scheint dem Verein besonders wichtig, da Deutschland und Polen nicht nur viel verbindet und in der Vergangenheit auch viel getrennt hat, sondern als unmittelbare Nachbarn immer auch viel verbunden hat – bis heute. Der Prozess der Annäherung hat jedoch aufgrund des ehemaligen Eisernen Vorhangs im Gegensatz zum Beispiel zu Frankreich erst sehr viel später begonnen. Daher soll das Interesse an der Kultur des jeweiligen Landes geweckt, der Austausch gefördert und die Gemeinsamkeiten wie auch die Unterschiede der Länder vermittelt werden.
Aufgrund der letzten 100 Jahre gemeinsame Geschichte denkt man bei der Beziehung beider Länder bisher oft vor allem Krieg, Gräuel und Vertreibung durch beide Seiten im Vordergrund. „Wir wollen ebenfalls die Erinnerung bewahren“, sagt DPG-Vorsitzende Barbara Baron-Hammer, „ aber wir wollen auch die Nähe der beiden Nachbarländer und ihrer Menschen in den Fokus rücken. Hierzu muss ein neuer Austausch aufgebaut werden.“ Durch die deutsche Teilung und den „eisernen Vorhang“ während des Kommunismus fand zudem auch die Annäherung der Staaten aneinander bis heute kaum statt. Der eigentlich natürliche kulturelle Austausch blieb daher häufig auf die traumatischen Ereignissen der Kriegszeit beschränkt. Tatsächlich geht die deutsch-polnische Geschichte wesentlich mehr als 100 Jahre zurück.
Dabei sind sicherlich historische Ereignisse wie die Königsschaft des sächsischen Kurfürsten Friedrich August dem Starken und seines Nachfolgers in Polen noch am bekanntesten, machen aber nicht den Kern der historischen Verbindung der beiden Länder aus. Erst mit der Entwicklung der Nationalstaaten in der Neuzeit und den damit einhergehenden Konflikten und Auseinandersetzungen in den Grenzbereichen entstanden die heute manchmal so klar wirkenden Grenzen. Gebiete wie Schlesien waren zuvor von einem fließenden Übergang der verschiedenen Länder, sei es nun Polen, Tschechien oder Deutschland/Österreich, geprägt, was sich auch in den lokalen Dialekten niederschlug. „Schlesisch“ als Sprache ist insofern eine Mischung, die je nach Nähe zu den jeweiligen Ländern regional mehr oder weniger Lehnwörter aus den dazugehörigen Sprachen enthält. Auch besitzt Polen aufgrund seiner geographischen Lage eine für manche Deutsche möglicherweise überraschende Nähe zum mediterranen Kulturkreis, führten doch historisch die Handelswege zwischen Nord- und Süd-Europa hindurch, wenn die Alpen umgangen werden sollten. Umgekehrt verband Polen Deutschland auf dem Landweg auch mit dem Balkan und dem Orient.
Ebenso ist das moderne Polen ein Staat, der Deutschland kulturell und sozial sehr nah steht, auch wenn Polen sich nach der Wende stark an den angelsächsischen Staaten orientiert hat. Schulen und Kindergärten, soziales Leben und Privatleben, Werte und Erwartungen entstammen gemeinsamen Wurzeln und sind trotz der vorübergehenden historisch bedingten gesellschaftlichen Distanz heute noch immer spürbar.
Diese Wurzeln wieder offen zu legen und die vielen Gemeinsamkeiten bewusst zu machen und mit zusätzlichen Leben zu füllen ist das Ziel des Vereins. Hierzu sollen Projekte, Studierende und Schüler*innen gefördert werden, durch Veranstaltungen und Ausstellung die Kultur geteilt werden, durch Freizeit- und Jugendaustausch Kinder und Jugendliche einander näher gebracht werden und durch Aktionen und Veröffentlichungen die Erinnerung an die gemeinsamen letzten 100 Jahre mit all ihren Schmerzen, Aufregungen und auch schönen und bewegenden Ereignissen wach gehalten werden. Ein schönes Beispiel für Letzteres finden Sie auf der Homepage im Blog des Vereins.
Für das kommende Jahr kündigt der Verein jetzt schon eine Lesung an, die als gemeinsame Veranstaltung mit „Ameis Buchecke“ voraussichtlich im April 2022 stattfinden wird. Die Autorin Emilia Smechowski liest aus ihrem 2019 erschienenen Buch „Rückkehr nach Polen“. Frau Smechowski ist eine polnisch-deutsche Journalistin, die 1988 mit ihren Eltern aus Wejherowo, einem kleinen Ort in der Nähe von Danzig, nach West-Berlin, emigrierte. Smechowski arbeitete als Redakteurin bei der Tageszeitung (taz) und seither als freie Autorin und Reporterin. Für die Recherche an dem Buch Rückkehr nach Polen zog die Autorin mit ihrer Tochter für ein Jahr nach Danzig. Mittlerweile lebt und arbeitet sie wieder in Berlin.
Über den genauen Termin der Lesung informiert der Verein gerne per E-Mail.
Ein weiteres Projekt ist die Gestaltung eines deutsch-polnischen Kultur-Kochbuchs, das für und mit den Bewohner_innen von Hildesheim gestaltet werden soll. Interessierte Bürger_innen können gerne Beiträge aus den Bereichen:
Verbundenheit durch persönliche Geschichte
Kochrezepte der Eltern oder Großeltern
Empfehlungen von Reisezielen, Musik, Büchern, Kunst
an die E-Mail-Adresse info@dpg-hildesheim.de senden.
Wer mehr wissen möchte oder gerne Mitglied werden und sich einbringen möchte, findet weitere Informationen unter www.dpg–hildesheim.de oder kann sich unter info@dpg–hildesheim.de an den Vereinsvorstand wenden.